Noch 1 Tag, Kolkata


Habe mir  mit Open Street Map die Umgebung von oben angeschaut. Von meinem GH nach Osten ein Wirrwar von viele winzige Gassen. Das wird mein heutiges Ziel. Halb sieben räkelt sich auch das Leben auf der Straße langsam auf.



Wirklich überall schlafen noch Leute auf dem Bürgersteig. Die große Morgenwäsche beginnt. Die Stadt hat öffentliche Waschplätze bauen lassen. Da Wassermangel in Kolkata ein Fremdwort zu sein scheint,  läuft dort das Nass 24h ununterbrochen  aus den  Rohren. Genau an diesen Waschplätzen früh schon fast Gedränge.


Von oben bis unten eingeseift und gleich auch noch die eigene Wäsche. So trifft man früh diejenigen, die auf der Straße leben. Aber auch die unzähligen Händler, die Nachts in ihren kleinen Verschläge  am Straßenrand schlafen, nutzen diesen Wasseranschluss. Taxifahrer waschen ihre Taxis und Straßenfeger räumen den allerschlimmsten Müll vom gestrigen Tag weg. Alle sind irgendwie beim Putzen.

An der ersten Straßenküche, an der die Holzkohle schon glüht, kaufe ich mir paar frisch fritierte Fladenbrote. Eine Gruppe Männer schlürft ihren Tee und einer liest laut aus der heutigen Zeitung vor. Es klingt wie im Leseunterricht in der zweiten Kasse, wie er versucht die einzelnen Buchstaben zu  Worte zusammen zu fügen. Der Mann bekommt von mir eine Eins und meine 100 prozentige Hochachtung.

Es gibt in Bengalen viele arabisch sprachige  Zeitungen. Wahrscheinlich haben- durch den hier bestimmenden Islam - viele nur durch den Koran überhaupt lesen gelernt.  Das morgendliche Zeitung lesen gehört wie der erste Tee zum Tagesanfang .

Früh ist auch die Zeit des täglichen frischen Schlachten. Die bengalische Küche hat fast immer mit Fleisch dabei. Drei Männer zerteilen gerade eine noch schwach zuckende Kuh. 

Die beiden nächsten Opfer stehen schon dumm guckend neben ihrer ehemaligen Gefährtin...


In der gleichen Straße paar Stände weiter: Ziege beguckt dumm die große frische Ziegenhälfte... Vor vielen Straßenküchen stehen Hühnerkäfige. Wenn Nachschub gebraucht wird, kommt dass nächste Huhn unters Messer. So umgeht man das Problem einer Kühlkette.


Und natürlich gibt's viel Fisch, nicht mal alle aus dem nahen Meer. Selbst in Kolkata gib es genügend vermüllte Tümpel mit Fischen.
Ich schlendere einfach der im Dunst kaum auszumachen Sonne entgegen. Meine Annahme mit den vielen kleinen Gassen war genau richtig. Ganz Kolkata östlich von mir besteht aus winzigen Häuser an winzigen Gassen. "These 100 houses were donated by..."  So leben auf mehreren Quadratkilometern zig tausenden Bewohner. Nicht reich aber in ihrer Straßen Gemeinschaft ziemlich unabhängig.
 
















Die Gassen sind gerade mal 2m breit und die Häuser eigentlich nur die Schlafplätze.  So gibt  es in 10m Abstand die nächste  50m lange Gasse mit ihren öffentliches Leben. Waschen, kochen, werkeln und mit irgendwas handeln. Die Alten behüten die ganz Kleinen. Hat aber wirklich nichts mit Slums zu tun.
Es gibt dazwischen sogar kleine Betriebe. Da pressen 3 Leute aus Plastikgranulat neue Fahrrad Pedale. Die Bewohner ganzer Straßen sind damit beschäftigt aus Lederabfällen Sachen auszuschneiden oder auszustanzen.



 
Unsere OBI Arbeits Lederhandschuhe haben bestimmt auch hier ihr Leben begonnen. 

Und wie überall in Indien bringt Müll Recycling  vielen paar Rupees zum Leben.



Ein "Spezialist" baut aus mehreren defekte Energiesparlampen neue funktionierende. Seine Werkzeuge, eine kleine Säge, um überhaupt an die Elektronik zu kommen, eine Lupe, ein Lötkolben und Klebeband um die neue Lampe wieder zu verschließen. Und seiner Erfahrung der von der Industrie eingebauten Sollbruchstellen.  Vor meinen Augen erleuchtet eine ehemals kaputte Lampe zu einem neuen Leben.
Ich lasse mir die Haare schneiden und schon ist wieder ein Topf für einen Tag mit Essen gefüllt. Und da der "Stadtteil" richtig groß ist und so freundlich und interessant, brauche Stunden bis ich an das Ende von Klein-Kolkata stoße. Dort muss die Kleinstadt riesigen modernen Betonbunkern, eingezäunt mit Mauern und vom Security bewacht weichen.


 

Wohnraum für Wohlhabende. Oder auch neue Hotels oder hässlichen Geschäftshäuser.
Nichts für mich und ich laufe zurück durch neue Gassen...

Am Nachmittag bin ich wieder in der City. Hier ist die Armut ein Überlebenskampf.
 





Am städtischen Zentralkrankenhaus.... Oh, ich möchte in Indien nicht wirklich krank sein. Kranke haben sich unter Planen für das tagelange Warten häuslich eingerichtet. Die mit gekommenen Angehörigen pflegen die Patienten so lange auf der Straße. Wo man hin sieht, wartende Schlangen und hinter den Gitterfenstern des Hospital möchte ich auch nicht unbedingt ein Bett.






Von den koloniale  architektonischen Sehenswürdigkeiten von Kolkata hab ich heute nichts gesehen und ich habe sie auch nicht vermisst.




Werde heute Abend noch mal durch mein bengalische Viertes um das GH streifen.
Morgen früh mal wirklich länger schlafen und dann in Indien aus-checken.  Heißt, das nächste mal online erst wieder in Neusäss.
Kann ja den wirklich letzte Blog dann eventuell  schon im Flieger offline in Tablet hacken.
Lese gerade im "The Telegraph" einer Lokalzeitung der Stadt: gestern war der heißeste 1.Dezember seit 12 Jahren: 32 °C und bei einer Luftfeuchtigkeit von 91 % gefühlte 40°C, Nachts immer noch 23°C. Für mich wars OK. Sag ja Sonnenfreund.







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